Do, 17.01.2013, 19:30 Uhr: Coco Schumann „Der Ghetto-Swinger – Eine Jazz-Legende erzählt“
Lesung und Gespräch mit dem Autor
Traditionelle Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus
Mit unseren Leseladen-Veranstaltungen im Januar ehren wir politisch und rassisch Verfolgte wie Sinti und Roma, Juden, verfolgte Künstler, Intellektuelle, Sportler wie den Boxer Johan Rukeli Trollmann, Behinderte wie Marie Goslich, Homosexuelle wie Rudolf Brazda.
In diesem Jahr haben wir einen Musiker geehrt, der die schlimme Zeit im KZ überstanden hat: Die Jazz-Legende Coco Schumann.
Wir haben ihn bereits im vergangenen Jahr bei einem Gesprächsabend kennen gelernt, den Jana Müller vom Alternativen Jugendzentrum Dessau anlässlich der Kurt-Weill-Festspiele veranstaltet hat.
„Wir machten in der Hölle Musik“, so beschreibt der Swing-Musiker Coco Schumann seine Aufenthalte in Theresienstadt, Auschwitz und im Dachauer Nebenlager Kaufering in seiner Autobiografie. Aber er versteht sich nicht als KZler, der Musik macht, sondern als einen Musiker, der im KZ war. Seine von den nationalsozialistischen Machthabern verpönte Musik hat ihn nicht nur vor dem Tode bewahrt, sie hat ihm auch den Mut und die Kraft gegeben, nach 1945 ein neues Leben zu beginnen.
Seine Autobiografie „Coco Schumann, Ghetto-Swinger – Eine Jazzlegende erzählt“ veranlasst zum Lächeln unter Tränen. Ohne Pathos erzählt, ist viel über die jüdisch-berlinerische, -deutsche und europäische, ja Weltgeschichte zu erfahren. Den berühmten Musiker an diesem Abend im Bürgerhaus zu erleben, war bewegend, beeindruckend und ermutigend. Jana Müller war extra aus Dessau angereist, um den Abend zu moderieren. Sie hat es wunderbar verstanden, ihn erzählen zu lassen, so dass wir als Zuhörer seinem Schicksal nahe kommen konnten.
Wir durften einen Menschen kennen lernen, den sein Leid nicht gebrochen hat, der auch die heutige Zeit hellwach miterlebt. Er hat erfahren müssen, dass es immer Versuche rechter Kreise gab und gibt, den Holocaust zu verharmlosen und als Lüge darzustellen. Auch deshalb stellt sich der 88jährige der Anstrengung, aus seinem Leben zu berichten und seine Erfahrungen weiterzugeben.
Bis heute ist die Musik sein Lebenselixier, noch immer steht er mit seinem Quartett auf der Bühne. Es ist gut zu wissen, dass es in Hamburg ein gefeiertes Musical über Coco Schumann gibt, dass über den berühmten Swing-Musiker Filme gedreht, Radio- und Fernsehsendungen ausgestrahlt werden. Es ist das große Verdienst von Jana Müller und dem Alternativen Jugendzentrum Dessau, das Schicksal von Verfolgten des Naziregimes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Die zahlreichen Gäste des Leseladens im Bürgerhaus und wir als Veranstalter können für diesen unvergesslichen Abend nur dankbar sein. Die Veranstaltung wird im November thematisch weitergeführt mit dem Film von Ilona Ziok „Kurt Gerrons Karrussel“ (1999) und dem erhalten gebliebenen Dokument (Fragment) „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ (Theresienstadt, 1944) aus dem Bundesfilmarchiv. Voraussichtlicher Termin ist der 7. oder 14. Nov. 2013.
Gisela Mwaun-Gulu/ Dr. Marlis Hujer
Jana Müller und Coco Schumann am 17. Januar 2013